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Ja ich will, einen Bären sehen – Auf dem Fahrrad über den Cassiar Highway

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Wenn man vom Yukon kommend südlich nach British Columbia fahren will, hat man zwei Optionen. Zum einen kann man den Alaska Highway einfach weiterfahren oder man biegt rechts auf den Stewart/Cassiar Highway ab. Wir entschieden uns für letztere Option.

Quelle: https://www2.gov.bc.ca/gov/content/transportation/driving-and-cycling/traveller-information/routes-and-driving-conditions/highway-37-stewart-cassiar/map

873 Kilometer heruntergeklappte Kinnlade

Dies war auch definitiv die richtige Entscheidung. Den „Cassiar“ oder auch Highway 37 sind wir bereits im Winter (Ende April) auf unserem Weg in den Yukon gefahren. Zu diesem Zeitpunkt war noch alles eingeschneit. Man ist in keine einzige „Recreation Site“ gekommen, weil die Elinfahrten noch zugeschoben waren. Auch die unzähligen Seen waren unter der dicken Schneedecke nur zu erahnen.

Eichhörnchen gibt es überall, …
… aber vor denen wird komischerweise nicht gewarnt.

Mitte August sah die Sache schon ganz anders aus. Zunächst ging es auf dem Fahrrad über den Cassiar Highway anstatt im Auto. So kann man die schöne Landschaft natürlich viel intensiver erleben und genießen. Außerdem war die Strecke nicht mehr wiederzuerkennen. Ich fuhr durchgehend an blauen Seen, grünen Tälern und schroffen Bergketten vorbei. So stellt man sich Kanada eigentlich immer vor. Es ging quasi von einem Postkarten-Motiv zum nächsten.

Boya Lake – nur ein paar Kilometer abseits der Straße.

Ein weiteres Plus war das geringe Verkehrsaufkommen gegenüber dem Alaska Highway. Dort nervten mich die großen Trucks und die vielen Wohnmobile. Hier begegnete ich je nach Tageszeit manchmal nur einer Handvoll Fahrzeuge pro Stunde. Diese fuhren aber auch nicht unbedingt schnell. Jeder will hier schließlich diese Landschaften genießen.

Randstreifen braucht man auf dem Cassiar Highway nicht.

Bär oder Las Vegas

Ein Grund, warum mir viele von der Strecke abgeraten haben, sind die vielen Bären, die besonders in der Gegend um Meziadin Junction leben. Ich hatte in anderen Blogs gelesen, dass Radfahrer auf dem Cassiar Highway allein um die 20 Bären gesehen haben. Caro war natürlich gewohnt pessimistisch eingestellt und nahm an, sowieso wieder keinen beobachten zu können. Wir waren ja eigentlich schon ein bisschen enttäuscht darüber, dass wir seit dem Start meiner Fahrradtour noch keinen dieser pelzigen Zeitgenossen zu Gesicht bekommen zu haben.

Vielleicht fang ich den Viechern auch einfach die ganze Nahrung weg.

Da ich mir hier sehr sicher war, ein paar Exemplare zu sehen, ging ich auch auf Caros Wette ein, nach Las Vegas zum Heiraten zu fliegen, sollten wir keinen zu Gesicht bekommen. Je weiter wir auf dem Cassiar Highway Richtung Süden fuhren und keinen Bären sahen, desto mulmiger wurde mir. Spätestens seit „Fear and Loathing in Las Vegas“ weiß man ja, dass man mit den richtigen Hilfsmitteln sogar in der Wüste Nevadas noch Bären sehen kann. Trotzdem war ich noch nicht bereit den „… Ring, sie zu knechten …“ anzulegen und mich in die Unterjochung mit den drei Buchstaben zu begeben. Als ich bereits fieberhaft überlegte, wie mir die Amazon-Drohne hier mitten im Nirgendwo ein Bärenkostüm abwerfen könnte, erbarmte sich dann doch noch ein Schwarzbär, unseren Weg zu kreuzen, als wir grad mit dem Auto einen Ausflug abseits meiner Rad-Strecke nach Stewart unternahmen. Ich habe mich selten so sehr mit einem Tier verbunden gefühlt. Danke Bruder!

Vielleicht haben auch einfach zu wenige Bären Maske getragen und sind deshalb jetzt alle tot.

Allerdings war unsere Ausbeute trotzdem eher mau. Ich sah auf dem Rad noch einen weiteren Bären, der sich nicht um mich scherte und sich erst von einem herannahenden Camper-Van verscheuchen ließ, sowie insgesamt drei Elche. In diesem Jahr soll das „Wildlife Watching“ sowieso eher dürftig gewesen sein. Der strenge Winter hat in der Tierwelt wohl ganz schön „aussortiert“.

Von meinem Fahrrad war der Genosse nicht sehr beeindruckt. Das nächste Auto konnte ihn aber verscheuchen.

Ich bin nicht allein

In der Nähe von Dease Lake sah ich zwei Fahrräder vor einem Zelt stehen. Als ich mit den beiden jungen Franco-Kanadiern ins Gespräch kam, stellte sich heraus, dass die beiden ebenfalls nach Argentinien radeln wollten. Das gibt´s ja nicht. Da sind doch tatsächlich noch mehr so Bekloppte unterwegs. Mir hatten schon einige Yukoner erzählt, dass ich nicht der erste sei, den sie bei dem Versuch, die Panamericana herunter- oder heraufzuradeln, treffen. Aber das ich auf der ersten Etappe schon zwei Leuten begegne, die genau das Gleiche vorhaben, ist wirklich beachtlich.

Tagsüber war ich dann doch lieber alleine unterwegs.

In den nächsten Tagen verabredeten wir mehr oder weniger gemeinsame Treffpunkte am Abend. Gemeinsam radeln wollte ich mit Thomas und Louis nicht. Sie standen immer schon um 6 Uhr auf, um gegen halb acht starten zu können. Da wir zu diesem Zeitpunkt noch weit im Norden waren, wodurch es erst relativ spät dunkel wurde, sah ich darin keine Notwendigkeit. Als Caro und ich dann unseren Ausflug nach Stewart machten, verloren wir meine Mitstreiter aber sowieso aus den Augen und holten nie wieder zu ihnen auf. Aber ich hoffe, ich treffe sie noch einmal irgendwo auf dieser langen, langen Straße.

„Bear Glacier“ auf dem Weg nach Stewart (BC).

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