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Baja California – Platte Reifen und neue Gefährten

Wovon tat der Hintern nun mehr weh? Davon, dass ich seit 3 Monaten mal wieder regelmäßig im Sattel sitze oder davon, dass ich immer die kleinen Schälchen mit diversen Chilis leere, die mir in jedem Restaurant gereicht werden? Nun ja, wahrscheinlich ein Mix aus beidem.

Mal wieder in der Kneipe eingeschlafen

Restaurants besuche ich, seitdem ich in Mexiko bin, wieder recht häufig. Vor allem außerhalb von Städten baten die Pinten entlang des “Highway 1” außerdem eine ausgezeichnete Übernachtungsmöglichkeit. Im Gegenzug für den kostenlos zur Verfügung gestellten Zeltplatz, aß ich dort dann natürlich immer auch etwas. Bei all den Malen, die ich gefragt habe, ob ich in einem Restaurant übernachten kann, wurde ich bisher nicht einmal abgewiesen.

Tacos stehen recht häufig auf dem Speiseplan. Die Preise reichen je nach Region, Inhalt und Größe von 30ct bis 2€ pro Stück.

Die Mexikaner sind in der Regel sehr gastfreundlich und wissen, dass es beim “Wildcampen” eben auch zu Überfällen auf Touristen kommen kann. Obwohl die Baja California südlich des Grenzgebietes zu den USA als sehr sicher gilt, sollte man trotzdem vorsichtig sein. Ich war ein paar mal wirklich “wildcampen”. Dann habe ich aber auch dafür gesorgt, dass mich wirklich niemand findet.

Manchmal konnte man auch einfach am Strand übernachten.

Kakteen und ich – eine Hassliebe

Landschaftlich wird die gesamte Halbinsel “Baja California” von Kakteen dominiert. Die sind insbesondere im mittleren Teil enorm groß und beeindruckend. Irgendwann verloren sie dann aber natürlich auch ihren Reiz. Vor allem, nachdem ich Platten Nummer 27 geflickt habe, wollte ich die Wüste brennen sehen.

Mein notdürftig in Kalifornien beschafftes amerikanisches Fabrikat eines Reifens mit “Pannenschutz” hatte den Nadelgewächsen nur wenig entgegenzusetzen. Einen guten Schwalbe-Mantel konnte ich jedoch nirgends erwerben.Kurz vor San Ignacio wurde es dann richtig schlimm. Frauke und Niels, 2 Deutsche, die ebenfalls auf dem Weg nach Argentinien sind und mit denen ich mich für ein paar Tage zusammenschloss, konnten mir glücklicherweise noch mit einigen Flicken aushelfen. Mein Vorrat ging nämlich zu Neige. Doch das war nicht das einzige Problem. Auf einmal ging der Mantel dann auch nicht mehr aufs Rad. Trotz 3 Leuten und 4 Reifenhebern schien unmöglich, was am Tag zuvor noch problemlos montiert werden konnte.
Mit letzter Kraft retteten wir mich ins “Casa del Ciclista” nach San Ignacio.

Mittagessen kurz bevor die Misere begann.

Dies ist eine Art Hostel für Radreisende, die hier gemeinsam kommen und auch mal ein paar Tage Pause machen können. Abends trank ich dann in geselliger Runde einige Biere und überlegte mein Fahrrad stehen zu lassen und mit einem Esel weiterzuziehen. Den kann ich wenigstens essen, wenn er streikt.
Am nächsten Tag traf ich hier Donald. Der Frankokanadier gab mir den Tipp, es mit Schleim im Schlauch zu versuchen. Dieser versiegelt kleine Löcher sofort, wenn sie entstehen. Das klang fast zu schön, um wahr zu sein. Es klappt aber bisher wunderbar. Auch bei meinem anderen Problem konnte mir der frühere Fahrradmechaniker helfen.

San Ignacio – eine Oase in der Wüste

Mehr als gedacht

Wir verstanden uns auch ganz gut und radelten eine Zeit lang zusammen. Hier stiegen auch viele Fatbike Fahrer wie Donald aus der “Baja Divide”, der Offroad Alternative zu meiner Route, aus. Tiefer Sand und generell sehr harte Bedienungen brachten nicht wenige dazu, auf Asphalt zu wechseln.

Kurz vor dem Start in San Ignacio.
“On the road” mit Donald

So traf ich in den nächsten Tagen und Wochen verschiedene Randreisende, die die gleiche oder eine ähnliche Route wie ich im Kopf haben. Man fuhr mal für ein paar Tage zusammen, dann wollte einer Pause machen, Kilometer schrubben oder hatte schlicht Durchfall und man trennte sich wieder. Besonders letzteren willst du in der Wüste nicht haben, denn den Hintern mit einem Kaktus wischen, ist eine Erfahrung, auf die man gut verzichten kann. Allerdings hatten fast alle Reiseradler, die ich hier getroffen habe, mindestens einmal Probleme mit ihrem Stuhlgang. Aber die mexikanische Küche ist es durchaus wert.

In La Paz habe ich dann einige dieser temporären Weggefährten wiedergetroffen. Hier gibt es eine Warm Showers Gastgeberin Namens “Tuly”, die hier ein Haus hat, in dem sie fast nie ist. Dieses stellt sie aber mittels Warm Showers als kostenlose Unterkunft für Radreisende zur Verfügung. In ihrem Hof zelten regelmäßig 10 Leute oder mehr. Zu Spitzenzeiten waren es auch schon mal über 20. Die erste Zeltstadt von La Paz, wenn man so will.

In La Paz unterwegs mit Rider…
…der sich hiervon inspirieren ließ…
…mich zu zeichnen (man beachte die Bildunterschrift).

Hier machten wir alle ein paar Tage Pause und jeder plante die weiteren Etappen. Die meisten wollten die Feiertage noch auf der Halbinsel verbringen. Ich hingegen wollte zeitnah aufs Festland übersetzen.

Mexikanische Sicherheitskonzepte

Eine Fähre kurz vor Weihnachten zu bekommen, stellte sich als schwieriges Unterfangen dar. Nicht nur, dass die Preise doppelt so hoch waren, wie noch vor ein paar Wochen, es gab auch keine Plätze mehr. So konnte ich nicht wie geplant nach Mazatlán fahren, sondern musste auf den Hafen von Topolobampo ausweichen.

Am Terminal folgte dann eine Gepäckkontrolle, wie ich sie nur vom Flughafen kenne. Mit Scanner und Metalldetektor. Beim genaueren Hinsehen fiel aber auf, dass die Leute zwar alle brav das Gepäck durch den Scanner jagten, aber niemand hinter dem Bildschirm saß. Wahrscheinlich war dieser nicht einmal eingeschaltet.
Ich musste meine Taschen nicht abnehmen und schob das gesamte Gespann durch den Metalldetektor. Doch löste dieser gar nicht aus. Ich denke, das soll ein Stahlrahmen sein? Haben die mich etwa beschissen? SCHWEINE!

Als ich mir auf den Weg zu den Sitzbereichen ordentlich den Kopf stieß, erinnerte ich mich daran, was mir in Mexiko gar nicht gefällt: Alles wurde für kleine Menschen gebaut. Ich glaube, so oft wie hier habe ich mich noch nirgends gestoßen. Sollte ich Mal was zu sagen haben, dürfen Supermärkte erst alle Regale ab Nummer 5 aufwärts befüllen. Die werden schon sehen, was sie davon haben.

Radreise auf der Baja California – mein Fazit

Anfangs war ich relativ skeptisch, wie sicher es sein wird, den engen Highway 1 mit einer doch nicht unerheblichen Anzahl von LKW herunter zu fahren. Einen Seitenstreifen gab es die meiste Zeit nicht.
Diese Sorgen waren jedoch unbegründet. Die Mexikaner respektieren Fahrradfahrer auf der Straße wirklich sehr. Wenn man nicht überholen kann, wird gewartet. Fahrzeuge schalten die Warnblinkanlage ein, um den restlichen Verkehr zu warnen. Ganz anders als ich das zum Beispiel an der Küste Kaliforniens erlebt habe.

Auch auf der bergigen, engen Straße war das Radfahren kein Problem.

Auch auffällig ist, dass stets und ständig gegrüßt wurde. Im Straßenverkehr winkte man uns Radreisenden zu, im Restaurant sagt jeder jedem hallo, sofern es überschaubar ist und Kinder sind sowieso ganz aus dem Häuschen, wenn man vorbeigeradelt kommt. So viel gegrüßt wie hier hat man in Deutschland seit fast 80 Jahren nicht mehr. Und die hatten damals weniger nette Absichten.

Wie anfangs bereits erwähnt, gilt dieser Teil Mexikos als sehr sicher. Ich hatte hier nie auch nur einen unangenehmen Moment. Das einzige, was mir zu Ohren gekommen ist, war eine schlechte Erfahrung von zwei französischen Radfahrerinnen, mit denen ich eine Weile zusammen unterwegs war. Die wurden mehrfach von einem Auto überholt, das dann am Straßenrand stehenblieb. Beim letzten Mal hatte der Fahrer dabei die Tür geöffnet, holte sich einen runter und wollte die beiden zu sich ins Auto einladen. Zum Glück ist es auch nur dabei geblieben. Die beiden waren dann aber sehr froh, nicht mehr allein unterwegs zu sein.

Ein Problem, was ganz Mexiko hat, ist der Müll. Der wird hier besonders gerne überall verteilt. Mülleimer gibt es auch nur sehr selten. Das war für mich persönlich der negativste Aspekt einer sonst sehr gelungenen Radreise auf der Baja California.

Wie es auf dem Festland weitergeht, lest ihr bald.

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